Restschadensersatz nach Verjährung für vom Dieselskandal betroffene Neuwagen – ABER nicht für Gebrauchtwagen


 
In den Verfahren vor dem Bundesgerichtshof handelte es sich bei den streitgegenständlichen Motoren um Dieselmotoren der Baureihe EA 189. Der Anspruch aus § 826 BGB, der Käufer von Fahrzeugen mit Motoren der Baureihe EA 189, wird in der Regel mit Ablauf des 31. Dezember 2019 verjährt sein -soweit keine Teilnahme am Musterfeststellungsverfahren vorliegt- weshalb ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB mit Klageerhebung nach dem 31. Dezember 2019 aufgrund der Verjährung des Anspruchs wenig Aussichten auf Erfolg hat.
 
Der Bundesgerichtshof entschied im Februar 2022, dass ein Anspruch auf Restschadensersatz nach § 852 S. 1 BGB gegen den Fahrzeughersteller, in Bezug auf das Verlangen des Kaufpreises und auf Feststellung des Annahmeverzugs, seitens der Käufer von Neufahrzeugen besteht, nicht jedoch auf den Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Somit haben Käufer von Neuwagen mit einem Motor der Baureihe EA 189 einen Anspruch auf Restschadensersatz nach § 852 S. 1 BGB. Dieser Anspruch steht dem Käufer eines Neuwagens ohne Rücksicht darauf zu, dass er den Fahrzeughersteller auch vor Ablauf der Verjährung ohne Schwierigkeiten als Schädiger hätte in Anspruch nehmen können. Auch das Fehlen einer Teilnahme an dem Musterfeststellungsverfahren kann dem Anspruch nicht entgegengehalten werden. Der Fahrzeughersteller kann vom Anspruch des Klägers keine Herstellungs- und Bereitstellungskosten abziehen, da er sich bösgläubig bereichert hat. Allerdings muss sich der Kläger auf seinen Schadensersatzanspruch eine Nutzungsentschädigung der von ihm mit dem Fahrzeug gefahrenen Kilometer anrechnen lassen und der Kläger kann eine Schadensersatzzahlung nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs verlangen.

Hat der Käufer einen Gebrauchtwagen erworben, so steht ihm kein Anspruch auf Restschadensersatz nach § 852 S. 1 BGB zu. Der Anspruch aus § 852 S. 1 BGB setzt voraus, dass der Fahrzeughersteller als Beklagter im Verhältnis zum Geschädigten etwas aus dem Fahrzeugverkauf erlangt hat, dies muss bei dem Kauf von Gebrauchtwagen verneint werden. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sollte demjenigen, der einen anderen durch unerlaubte Handlung schädigt und dadurch sein Vermögen mehrt, auch bei Verjährung des Schadenersatzanspruchs nicht die auf diese Weise erlangten Vorteile verbleiben. Die dem Anspruch zugrunde liegende Vermögensverschiebung kann auch durch einen oder mehrere Dritte vermittelt werden, solange sie in einem ursächlichen Zusammenhang mit der unerlaubten Handlung steht. Wenn ein Vermögensverlust beim Geschädigten einen entsprechenden Vermögenszuwachs beim Schädiger zur Folge gehabt hat, ist er daher nach § 852 Satz 1 BGB auch dann herauszugeben, wenn diese Vermögensverschiebung dem Schädiger durch Dritte vermittelt worden ist. Der Vermögenszuwachs bei Fahrzeughersteller muss folglich auf dem Vermögensverlust des Klägers beruhen. Bei einem Gebrauchtwagenkauf kommt es zu keiner Vermögensverschiebung zwischen dem Fahrzeughersteller und dem Kläger. Der Fahrzeughersteller hat seine etwaigen Vorteile bereits mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs als Neuwagen realisiert, durch den Abschuss eines Vertrages über den Kauf eines Gebrauchtwagens mit Dritten fließt dem Fahrzeughersteller kein Vermögensvorteil mehr zu.