EuGH Vorratsdatenspeicherung

Der EuGH bleibt seiner Linie treu, welche er schon im Jahr 2016 eingeschlagen hat, eine flächendeckende und pauschale Speicherung von Internet- und Telefon-Verbindungsdaten bleibt unzulässig. Nichtsdestotrotz sieht er in seiner neuen Entscheidung vom 6. Oktober 2020 wegweisende Ausnahmen vor.

Was ist Vorratsdatenspeicherung?

Man spricht von Vorratsdatenspeicherung, wenn Telekommunikationsanbieter Telefon- und Internet- Verbindungsdaten, welche Aufschluss darüber bieten wann, mit wem und wie lange eine Person z.B. telefoniert hat, für einen längeren Zeitraum speichern. Der Inhalt der Kommunikation wird dabei nicht gespeichert, sondern nur die sogenannten Metadaten. Metadaten werden verwendet um eine Informationsressource mit zusätzlichen Daten zu beschreiben, um sie maschinell und automatisiert verarbeiten zu können. Trotz der Erhebung von Metadaten bleibt die Identifizierung einzelner Personen letztlich möglich. Durch die Vorratsdatenspeicherung können diese Informationen dann unter bestimmten Voraussetzungen den Strafverfolgungsbehörden zugänglich gemacht werden.

 

Was besagt das aktuelle Urteil des EuGHs zur Vorratsdatenspeicherung? 

In seinem Urteil vom 06.Oktober 2020 entschied der EUGH wieder, dass nationale Regelungen, welche ein anlassloses Speichern von Daten von Telefon- und Internetnutzern zulassen, nicht zulässig sind. Allerdings sieht das Urteil nun zum ersten Mal auch Fälle vor, in welchen eine anlasslose Datenspeicherung zulässig ist, nämlich dann wenn sie der Bekämpfung schwerer Kriminalität dient oder wenn die nationale Sicherheit eines Landes akut bedroht ist z.B. bei Terrorismusgefahr. Eine gezielte Vorratsdatenspeicherung soll möglich sein, wenn bestimmte Personen im Zusammenhang mit schweren Straftaten stehen oder Daten in Zusammenhang mit Straftaten an bestimmten Orten anfallen z.B. bei Kriminalitätsschwerpunkten. In solchen Fällen können die Regierungen der einzelnen europäischen Länder für eine begrenzte Zeit eine Vorratsdatenspeicherung anordnen. Eine solche Anordnung müsse aber im Folgenden durch ein Gericht oder eine unabhängige Behörde überprüft werden. Die Zulässigkeit einer solchen Ausnahmeregelung stellt ein Meilenstein in der bisher stark datenschutzorientierten Rechtsprechung des EuGHs dar. Es wird spannend, inwiefern die nationalen Regelungen zukünftig hiervon Gebrauch machen werden.

Warum wurde der EuGH überhaupt angerufen?

Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens wandten sich nationale Gerichte aus Frankreich, Großbritannien und Belgien an den EuGH. Dem EuGH wurde im Kern die Frage vorgelegt, ob einzelne EU-Staaten den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste allgemeine Pflichten in Bezug auf die Speicherung von Daten auferlegen dürfen.

Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH ist ein Verfahren, welches der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Mitgliedstaaten der EU im Hinblick auf das EU-Recht gewährleisten soll. Kommt es in einem gerichtlichen Verfahren in einem Mitgliedstaat der EU zu einer Auslegungsfrage bzgl. des Vertrages der EU, des Vertrages über die Arbeitsweise der EU, oder der Auslegung von Rechtsakten der Organe, Einrichtungen oder Sekundärrecht, hat das nationale Gericht die Möglichkeit seine Frage dem EuGH zur Auslegung vorzulegen. Eine Verpflichtung zu Vorlage haben grundsätzlich nur nationale Gerichte in letzter Instanz. Eine Ausnahme von dieser Vorlagepflicht kann aber im Falle eines „acte clair“ gemacht werden, d.h. dann wenn über die Auslegung oder die Gültigkeit des Unionsrecht vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können.